
Menschen
Warum auch immer
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Ich weiß nicht, was ich sagen soll
ich weiß auch nicht warum
mein Kopf ist nur mit Wörtern voll
und trotzdem bleib ich stumm.
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Ich weiß nicht, was ich hören mag
versteh kein einzig Ton
denn alles was am heut’gen Tag
das hört ich gestern schon.
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Ich weiß nicht, was ich glauben kann
weiß nur wie schwer’s mir fällt
das jederzeit ein Jedermann
die Welt in Händen hält.
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Ich weiß nicht, was ich sehen darf
weiß nicht, was hier noch stimmt
sind Unterschiede nicht mehr scharf
weil schwarz und weiß verschwimmt.
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Ich weiß nicht, was ich fühlen will
verdräng doch all mein sein
denn trotz des Sturms bleibt es doch still
im Lebenskämmerlein.
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Ich weiß nicht, was ich denken muss
weiß nur wie weh das tut
zu warten bis zum Lebensschluss
ist für die Seel‘ nicht gut.
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Mario Sachse
2007
Nicht erwähnenswert
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Er ist ein Blickfang, ohnegleichen
dem niemand kann das Wasser reichen
der ständig über Allem schwebt
und über seinem Standard lebt.
Der sich, ohne schmutzig zu machen
trägt des Schneiders teuerste Sachen
nicht überlegt bevor er spricht
und auch sein Wort des öfter’n bricht.
Der das Gesetz mit Freude umgeht
nicht zu dem was er meint auch steht
der niemals eine Reue zeigt
der zu allen Fragen lieber schweigt
bei dem im Keller auch Leichen liegen
und nur Blasen im Gehirn rumfliegen.
Der sich um Arbeit einfallsreich windet
zu allem eine Ausrede findet
der fremdes Glück zudem stets neidet
und selbst Geschichten uns aufschneidet.
Der nur die Sicht seiner Dinge sieht
und nicht kümmert was auf der Welt geschieht.
Der arrogant seinen Status zeigt
dem sein eigenes Ich zu Kopfe steigt
der auf Pump seine Zeit tot schlägt
der hinterrücks an Stühlen sägt
der nicht nur in meinen Rücken fällt
ja, so einen hass ich auf dieser Welt.
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Mario Sachse
2006
Du tust mir leid
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Weil du einfach mal gar nicht kannst
weil du ständig aus der Reihe tanzt
weil du so egoistisch bist
weil deine Freundschaft keine ist
weil du alles immer besser weißt
weil du auf anderer Meinung scheißt
weil das Leben dich nicht interessiert
weil Gefühle zeigen dich geniert
weil du über den Dingen schwebst
weil du deine Zeit sinnlos verlebst
weil deine Nähe jeden erstickt
weil deine Art und Weise jeden erschrickt
weil die Liebe um dich einen Bogen macht
weil die Sonne alle außer dich anlacht
weil du immer nur in Ich-Form erzählst
weil du dich mühsam zur Freundlichkeit quälst
weil dein Wort keine Bedeutung hat
weil deine Gier ist nimmersatt
weil du alles nach deiner Nase drehst
weil du keine andere Meinung verstehst
weil deine Zukunft bereits hinter dir liegt
weil dein Ego dich tagtäglich besiegt
weil du alles als Last und Bürde siehst
weil du vor deinem eigenen Schatten fliehst
weil dein Pessimismus zum Himmel schreit
tust du mir eigentlich nur noch leid.
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Mario Sachse
2006
Kaltes Herz
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Belogen und verraten
mit dem allergrößten Geschick
gespielt mit gezinkten Karten
und verführt mit falschem Blick.
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Mit `nem Lächeln alle Lügen
als großes Kino schön verpackt
einfach die Liebe zu betrügen
bis sie vor Scham die Koffer packt.
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Jede Schwäche ausgenutzt
ohne Rücksicht auf Verlust
die Eitelkeit noch rausgeputzt
schlägts kalte Herzen in der Brust.
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Mario Sachse
2005
Einer von Vielen
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Unheimlich froh drüber nichts zu erreichen
und nichts zu bewegen auf dieser Welt
sucht er immer wieder seinesgleichen
mit denen er sich über nichts unterhält.
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Hat von gar nichts eine Menge Ahnung
hat auch keine Ziele im Überfluss
treibt ohne Hoffnung und ohne Planung
hilflos im grauen Alltagsverdruss.
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Wählt für sich stets die einfachsten Wege
sieht nur das, was er auch sehen will
ist psychisch dazu noch wahnsinnig träge
bleibt blass, unscheinbar, hilflos, still.
Schimpft auf Alles hinterm Horizont
was sich seinem Geiste entzieht
verfällt in Selbstmitleid sehr gekonnt
bevor er in seine Traumwelt flieht.
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Nur hier versteht er der Welten Lauf
kann eins und eins zusammenzählen
nimmt Unverständnis gern in Kauf
man muss ja nicht die Wahrheit wählen.
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So versinkt er tiefer in seinen Sumpf
ist geblendet von des Lebens Licht
bleibt emotional und geistig stumpf
kann nichts verstehen, oder will es nicht.
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Mario Sachse
2005
ohne drum herum…
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… ohne anzugeben
ohne abzuheben
ohne wegzuschauen
ohne draufzuhauen
ohne bei Seite zu gehen
ohne im Wege zu stehen
ohne drüber zu heucheln
ohne jemand zu meucheln
ohne wegzuhören
ohne alle zu stören
ohne nichts zu sagen
ohne hab vergessen zu fragen
ohne rechts zu wählen
ohne blindlinks zu quälen
ohne rum zu schleimen
ohne niemals zu reimen
ohne zu bescheißen
ohne schlechte Witze zu reißen
ohne auszurauben
ohne fanatisch zu glauben
ohne betteln zu müssen
ohne lieblos zu küssen
ohne auf Opfer zu lauern
ohne Grenzen zu mauern
ohne einmal dumm gestellt
wär’s `ne coolere Welt.
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Mario Sachse
2004
Der Spatz in der Hand
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Ich halte den Spatz in meiner Hand
und denk, was ist das ein schönes Land.
Doch die Taube dort oben auf dem Dach
macht mich trotzdem ganz schön schwach.
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So klettere ich halt zu ihr rauf
und achte dabei gar nicht drauf
dass ich den Spatzen erst leicht verletzte
und dann samt Federkleid zerfetzte.
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Wie ich nun am Dachfirst angelangt bin
schau ich zur Taube sehnsuchtsvoll hin
aber sie sieht mich an, kriegt einen Schreck
scheißt einen Haufen und fliegt dann weg.
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Vor Wut schmeiß ich den Spatzen, den Toten
nach dem Vieh, denn er klebt in den Pfoten.
Aber nix war’s, auch dieser Schuss ging daneben
tja, wenn man sich mit nichts will zufrieden geben…
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Mario Sachse
2004
Der Narziss
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Vor Allem und Allen
wollt ich dir nur gefallen
wollte der Schönste sein
für dich Sonnenschein.
Von der ersten Sekunde
und jede weitere Stunde
bei dir Eindruck schinden
mich um deine Sinne winden
den Strahlemann geben
der dich trägt durchs Leben
deine Wünsche erfüllen
dich in Samt einhüllen
so dass der Glanz der Welt
nur auf dein Haupt fällt
und deine besten Seiten
zu allen Tageszeiten
jeden erstaunen lassen
alle vor Neid erblassen
wie einzigartig perfekt
wie mit Jade bedeckt
du anmutig lebst
und durchs Leben schwebst.
Doch heute früh bricht
der Spiegel das Licht
und dein göttliches Bild
was in dir quillt
verweht wie im Flug
war nur Schein und Trug.
Mir ekelt vor dir
und ich denke mir
das gefällt nicht sehr
ein neuer Spiegel muss her.
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Mario Sachse
2004
Auf der Suche
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Es gab und wird noch viele geben
die nach dem Sieg, dem Höchsten, streben
und Jene, die genau dies verfluchen
und nach Anderem im Leben suchen.
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Die Ersten, die den Sieg errungen
und alles in die Knie gezwungen
wollen’s nie bei Einem belassen
denn zu schnell sie ja verblassen.
Drum währt die Freude, was man erreicht
nicht lange und der Geist verbleicht
die Sinne für die Wirklichkeit
doch dafür bleibt nun keine Zeit.
Zu wild entschlossen, marschierend gar
finden sie sich zunehmend wunderbar
und auch die Liebsten an ihrer Seite
suchen nach und nach das Weite.
So stehen sie zwar zum wiederholten Male
ganz oben und halten die Siegerschale
doch kein Applaus, kein frohes Winken
kein klatschen, kein ‚lass uns drauf trinken‘
kein Jubelschrei können sie vernehmen
die Leere lässt sie plötzlich lähmen
und ganz allein auf dieser großen Welt
kein Freund sich mehr zu ihnen gesellt.
Die Zweiten, die dies von vorneherein
ablehnen und nicht gleich als Erste schrei’n
wollen nicht kämpfen und auch nichts sagen
nur im Notfall mal ganz still nachfragen
wollen kuschend durch das Leben schleichen
ums Ziel ohne anzuecken zu erreichen.
Müssen ja nicht immer Aufrecht vorne steh’n
nein, auch duckend hinten, kann man Einiges seh’n.
Aber mit der Zeit werden sie bemerken
wenn keine da sind, die ihre Rücken stärken
wenn alle hören, dass gar nichts zählt
und man immer nur das Leichteste wählt
dass man anstatt von seiner Hose
gar nichts an hat und nur das Bodenlose
wichtig und bindend für Einen ist
auch der letzte Freund das Stützen vergisst.
So wird man mit eingezogenem Haupt
nie vertreten können was man denn glaubt
und der krumme Buckel wird immer mehr drücken
bis sie vor Lustlosigkeit brechen, die Krücken.
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Und wie der Eine von Gier ist ganz zerfressen
und der Andere es vor Desinteresse hat vergessen
sind wie Eingangs schon beschrieben
Beide auf der Suche hängengeblieben
nach dem was man einen guten Mittelweg nennt
ihn auch gehen, kann aber nur der, der ihn kennt.
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Mario Sachse
2004
Vergessene Träume
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‚Dein zu sein, für immer und ewig‘
so fing der Brief des Liebsten an
‚die Liebe zu dir steigt Tag zu Tag stetig‘
aber die Zeilen können nichts ändern daran.
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Denn er sitzt gefangen tausend Meilen von ihr
an der Front eines Krieges, den keiner versteht
‚ich liebe dich sehr und komm bald zu dir‘
schreibt er nieder, bevor der Kampf weiter geht.
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Kugelhagel zischt über seinen Kopf hinweg
‚du bist mein Leben, dein Lachen fehlt mir‘
ein Kamerad stürzt neben ihn in den Dreck
wird vergessen und verrecken wie ein Tier.
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‚Der Tag heut war hart, ich halt’s nicht mehr aus‘
überall Schreie und Wimmern, blutverschmiert schläft er ein
‚ich will nur zu dir, will nur nach Haus‘
doch dieser Traum wird seine letzte Hoffnung sein.
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Mario Sachse
2003
Ritter des Rechts
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Niedergeschlagen und abgekämpft
erreicht der Ritter des Rechts sein Ziel
hatte eine Armee der stärksten Soldaten
die der Scheinheiligkeit zum Opfer fiel.
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Sie hatten so manche Schlacht gewonnen
mutig und geradeaus war ihr Weg durchs Land
doch verzweifelt kämpften sie gegen die Woge
die aus Heimtücke, Neid und Gier bestand.
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Ein ums andere Mal mussten sie erkennen
dass ums Recht zu kämpfen auch verlieren heißt
und die Wahrheit, die nirgends steht geschrieben
auch die Tapfersten einmal zu Boden reißt.
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Und so kniet er nieder, vor seinem Herrn
will sagen, wie gut sie ist, seine Welt
aber er bleibt stumm, sieht ihn an und weiß
dass sie längst auch ihm nicht mehr gefällt.
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Mario Sachse
2003/2021
Niemand
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Kennst du Diesen oder Jenen
der, wenn er schläft, versucht zu gähnen
der im leeren Raum mit jemand spricht
dann glaube mir, vertrau ihm nicht.
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Auch solltest du nicht auf Diese hören
die sich an deinem Äußeren stören
die ständig alles besser wissen
sag, die sollen sich verpissen.
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Und Denen die geschmeichelt kommen
vom triefenden Schleim sind ganz benommen
solltest auch du in Acht dich nehmen
schnell könnten sie dein Geiste lähmen.
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Sei also vor Allen hier auf der Hut
nur deine Meinung tut dir am Meisten gut
sei ehrlich und mit dir selbst im Reinen
dann brauchst du im Leben nur Einen, nämlich Keinen.
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Mario Sachse
2003
Die Fratze
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Hinter der Fratze der Freundlichkeit
verbirgt sich der blanke Hass und Neid
dass kein Funken Wahrheit in ihr steckt
und sich die Boshaftigkeit die Finger leckt.
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Das nächste Opfer schon fest in den Klauen
gelangt sie durch Schleimerei zu Vertrauen
und kein schmalzendes Wort seine Wirkung verfehlt
sie eiskalt die sicherste Taktik auswählt.
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Doch wenn es zu spät ist, kommt erst das Erwachen
die Peinlichkeit der Dummheit wird laut schallend lachen
und zerfetzt dann das heile Bild dieser Welt
nur dies ist es, was der Fratze gefällt.
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Mario Sachse
2001
Der Kasper
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Er ist zugegen bei jeder Party
in jeder Disko hält er sich auf
in Kneipen, Bars und sogar an Tankstellen
hat er die tollsten Aktionen drauf.
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Vielleicht bist du ihm auch schon begegnet
es ist meistens so, dass er hinter dir steht
du wirst dich sicher nicht an ihn erinnern
man trifft ihn erst, wenn gar nichts mehr geht.
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Er begleitet dich ab der ersten Sekunde
wenn du nur im Ansatz daran denkst
und weicht dann niemals von deiner Seite
bis du dich selbst Richtung Absturz lenkst.
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Er tut dir hier und da einen Gefallen
ein Freund, ein Bekannter, oder einfach nur so
er kümmert sich eifrig um jeglichen Nachschub
und sucht sogar mit nach dem Klo.
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Bist du ihm dann richtig sympathisch geworden
lässt er jetzt keine Gelegenheit mehr aus
er drängt dich zu allem ja zu sagen
und holt inzwischen seinen Holzhammer raus.
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Du denkst, so könnte es ewig weitergehen
bewegst dich cool, schaust lässig drein
da kommt auch schon der Hammer um die Ecke geflogen
und der Kasper schlägt ohne Gnade auf dich ein.
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Mario Sachse
2001
wer – muss
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Wer Liebe nimmt – muss sie auch geben
wer träumen will – muss erst mal leben
wer ja sagt – muss auch nein ertragen
wer etwas will – muss bitte sagen
wer Herzen bricht – muss sie auch heilen
wer mehr will – muss mit and’ren teilen
wer Fragen stellt – muss sie auch kennen
wer Lippen will – muss sie nicht trennen
wer einmal lügt – muss auch verzeihen
wer zuhör‘n will – muss nicht nur schreien
wer einsam ist – muss auch weggehen
wer leben will – muss dies verstehen.
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Mario Sachse
1998/2020